REZENSION
Sentementol -
Gesundheit ist heilbar

Ein Review von Patrick Fiedler (aka The Quick Nick)

Es ist schon wieder eine ganze Weile her, seitdem uns unsere Lieblings-Wahnsinnigen von Sentementol mit einem komplett neuen Fels in der Brandung der Verrücktheit beglückten. Zwar gab es zum ‚trotzdem-glücklich-sein’ diverse andere extrem anbetungswürdige Götzen-Veröffentlichungen, und auch gänzlich neue Projekte wurden aus fruchtbarem Boden (alt.: „Das Hirn des Michael Bezold“) gestampft – doch was das Heilen von (geistiger) Gesundheit angeht, kann man sich eben heutzutage nur auf Sentementol wirklich verlassen!

Doch bevor man sich mit den neuen Liedern – 16 an der Zahl inkl. eines Bonus-Tracks, der die schon kultige, Band-interne Beutelgott-Saga fortführt – auseinander setzen kann, fällt einem die gnadenlos professionelle Aufmachung des Werkes ins Auge. Sah man den älteren Tonträgern durchaus noch den recht charmanten SelfMade-Touch an, so wird man hier staunen, wie edel alles geworden ist. Das stylische und gestochen scharfe Front- und BackCover ... der sehenswert bedruckte Silberling, der in einer schicken DVD-Hülle daherkommt ... das Bibel-gleiche Booklet mit allen Texten und einigen interessanten Anmerkungen & Illustrationen ... die zusätzlich beigefügten Aufkleber ... ja, eines ist klar: Sentementol wollen mit ihrem neuen Album ihre eigene Geschichte weiterschreiben, und sie um das bisher wohl eindrucksvollste Kapitel seit Bandgründung ergänzen.

Optisch ist das bisher mehr als gelungen, doch wie sieht es akkustisch aus?

Den Anfang der Gesundheitsbelastung stellt sofort der Titeltrack der Scheibe dar. Auf ein sanft in die Schlacht führendes Intro wurde verzischtet, lediglich eine kurze Einleitungsbotschaft der wundervollen Stamm-Gastsängerin Clara Goedecke erwartet den geneigten Hörer, bis dass die markant-melodiöse Stimme des Herrn Alfons Bauer 3 uns auch schon sofort wieder auf den ausgefransten Teppich der Realität zurück holt – das hier ist ein hartes, böses Dark-Dance Album! Mir freundlichen Grüßen vom Testolment...

Bisher also alles wunderbar. Wummernde Bässe, zum abtanzen einladende Synths, ein herrlich-fieser tragikomischer Text. Doch was ist das? Auf einmal klingelt ein...Handy?! Der Song wird unterbrochen und fortan läuft eine Art makaberes Hörspiel ab, das uns bis zum bitteren Finale im wahrsten Sinne des Wortes auf die Folter spannt. Und dann, als wäre nichts gewesen, wird der Track normal fortgeführt, bis auch er irgendwann ein Ende findet. Man kann es nicht anders sagen, Gesundheit ist heilbar ist als Opener kaum zu toppen und hinterlässt einen bleibenden Eindruck, sowie eine wachsende Erwartungshaltung auf den Rest der CD.

Hier sollen wir nicht enttäuscht werden. Sentementol halten, was sie mit der Mammut-Aufmachung versprechen!

Die nachfolgenden Lieder behaupten sich ebenfalls durch ihre hochkreative und abwechslungsreiche Art – hier gleicht keine Melodie der anderen, kein Text ist nur lieblos dahinphilosophiert. Das einzig konstant bleibende ist ein roter Faden aus bedrückender Tiefsinnigkeit und harten Sounds, der nur sehr selten mal von den sonst so vielseitig vertretenen Schmunzel-Songs & Mundart-Spielerein unterbrochen wird, für die Sentementol ursprünglich standen. Dieses aktuelle Musikstück orientiert sich ganz klar eher an den „depressiven Metzgern“ und knüpft, wie schon gesagt, sehr an „Das Testolment“ an. Sicherlich eine gute Entscheidung, auch, wenn Fans von Blödeleien und des auf der „Mole Schrott“ so zahlreich auftauchenden Fäkal-Humors wohl diesesmal etwas kürzer treten müssen.

Zusammenfassend würde ich behaupten, dass dieses Machwerk definitiv das bisher Beeindruckenste der Bandgeschichte ist. Sollte dies das Ziel von Bezold & Bauer gewesen sein: Glückwunsch, ihr habt es geschafft!!!

Ach ja, und wer gerne mal hinter die Kulissen des Chaos blicken möchte, dem lege ich den Videobonus des Albums ans Herz. Er gibt uns einen kleinen aber feinen Einblick in die Probeaufnahmen zu „Gesundheit ist heilbar“, mit Alfons und Clara in den gesanglichen Hauptrollen.

Schon jetzt frage ich mich, ob es überhaupt möglich ist, den hohen Qualitätsstandart, der hier vorgelegt wird, auch in Zukunft beizubehalten oder gar zu toppen. Doch Sentementol sind ja bekanntlich immer für eine Überraschung gut. Sie sind die Besten, sie sind unser neuer Atem...

Für Fans von:
Die depressiven Metzger
Joachim Witt, mal wieder
Düstere Musik im allgemeinen
(...ich gehe soweit und sage, die „Schwarze Szene“ würde hier  Gefallen dran finden!)


+ Qualitativ hochwertige Aufmachung
+ Sehr viel Bonus-Material (Aufkleber, Video)
+ Durchgängig hohes Niveau in Musik & Text
- Wenig „typische“ Sentementol-Momente