CD Rezension - Melancholia

Die Depressiven Metzger - Melancholia
Ein Review von Patrick Fiedler (aka The Quick Nick)
 
Man kennt das - früh am Morgen klingelt der Wecker einen in die Kälte des öden Alltags hinein, und man hegt bloß einen Gedanken:
Lieber tot als dieses Leben
.

 
Mit gerade solchem Geistgut setzten sich "Die depressiven Metztger" äusserst ausgedehnt und konsequent auseinander..."Melancholia" ist nichts für zarte Gemüter! Hier wird ein jeder warmer Gedanke gnadenlos in die Tiefkühltrühe gepackt, bis dass er eiskalt wieder heraus kommt. Tatsächlich findet sich auf dem Debütalbum der Metzger prinzipiell gar nichts, an dem sich das Herz eines durchschnittlichen Glücksbärchis erfreuen würde. Viel mehr wird man mit den Abgründen der menschlichen Seele konfrontiert, in denen es auch einfach mal nur dunkel sein kann, wie die insgesamt 13 Tracks (inklusive Intro, Outro und einem Instrumental) der Scheibe knallhart beweisen. Aber ist es nicht eh die Dunkelheit, in die man sich gelegentlich wehleidig zurück ziehen möchte, um Vergangenheit zu resignieren?
 
Zugegeben: Wenn man sich das Cover von "Melancholia" - ein grauenhaft entstellter und zertrampelter Frosch - betrachtet, dann würde man glatt denken, dass einem ein neues "Sentementol"-Album vorliegt, zu mal "Die depressiven Metztger" ein doch irgendwie humorvoller Name für ein Musikprojekt ist. Zufall? Vielleicht...in jedem Fall hatten die beiden Sentementolisten Michael Bezold (hier Executive Producer) und Alfons Bauer (hier Gesang) ihre extraordinären Finger im Spiel. Spätestens, wenn man sich einmal genauer mit den Texten auseinander gesetzt hat, wird einem aber klar, dass keine wirklichen Parallelen zu "Sentementol" existieren. Wie bereits erwähnt, Verzweiflung und Trauer bestimmen hier die komplett deutschen Lyrics, die allesamt erschreckend-entzückend ausfallen. Vielleicht haben die Texte sogar das Niveau eines Joachim Witt, obwohl sie mehr auf klare Aussagen ("Ich pisse auf alles") als auf undurchsichtliche Metaphern setzten. Gesanglich ist man hier zwar meilenweit vom "Goldenen Reiter" entfernt, schrill-schräg-brachial wie Alfons Bauer in die Stille brüllt...dennoch würde ich nicht abstreiten, dass die Stimme des Sänger einen mindestens ebenso großen Wiedererkennungsfaktor hat, wie die von Herrn Witt. Kenner und Liebhaber von "Sentementol" werden sich damit allerdings ein wenig schneller identifizieren, als Newbies. Achtung - auch, wenn einem der wild daherkommende Gesang anfangs als ein Störfaktor zu den wundervollen und schwermütigen arrangierten Dance-Sounds vorkommt, so gibt es auch recht oft Momente, in denen stimmlich alles passt. Ja, ich möchte gar behaupten, dass manchmal das Gefühl entsteht, man müsste eine Gänsehaut bekommen, wenn Alfons wie ein junger Gott tief-traurig ins Mikrofon posaunt. Das geht teilweise unter die Haut!
 
Wer mal überhaupt keine Lust auf Vergnügen hat und sich am liebsten von der nächsten Brücke stürzen will, der sollte sich das auch gut überlegt haben - am besten erst "Die depressiven Metzger" hören, um ganz sicher zu gehen, dass wahrhaftig alles für'n Arsch ist...sterben kann man bekanntlich immer, aber wann bekommt man mangelnde Lebenslust schonmal so herzergreifend auf einer CD serviert?
Ich sage es nur einmal: Besorgt euch "Melancholia", und zwar SOFORT! Oder seit ihr schon tot...?
 
Für Fans von:
Joachim Witt
Ewigheim
Sentementol
 
+ Wunderschöne, todtraurige Lyrics
+ Tiefgehende und abwechslungsreiche Sound-Kompositionen
+ Einmaliger Gesang mit Wiedererkennungswert
 - Gelegentlich ZU einmalig
 - Immer nur "depressiv" ist manchmal etwas monoton