REZENSION: Clara Goedecke - Hoffnung unterm Fingernagel
Ein Review von Patrick Fiedler (aka The Quick Nick)
 
Man kann Alfons Bauer III und Michael Bezold – bekannt vor allem durch ihre unheilige Weltreligion Sentementol – ja wirklich viel unterstellen: Wahnsinn, Herumspinnerei, Sadismus ... die Liste ist endlos. Doch eines gilt für die beiden Irren definitiv nicht: Faulheit!

Für eine ausgeprägte Liebe zu Nebenprojekten kannte man das Duo schon länger, besonders „Die depressiven Metzger“ oder „Acting Lovers“ erfreuen sich schon eine ganze Weile immer größerer Beliebtheit bei der nach innovativer Musik gierenden Masse. Mit Clara Goedecke, die ihr Können unter anderem bereits auf  Sentementol’s aktuellem Album „Gesundheit ist heilbar“ bewies, holten sich Bezold & Bauer nun das erste mal eine Solokünstlerin zum produzieren ins Boot, und wenn man sich jetzt durch das fertige Ergebnis hört, wird man merken, dass es so schnell auch sicher nicht kentern wird.

Bereits beim durchblättern des Booklets – übrigens wird man hier erneut eine Qualitätssteigerung im Vergleich zu älteren Veröffentlichungen des Basement-Sound-Studios bemerken! – fällt ziemlich schnell auf, dass mit Clara in der Mannschaft einiges anders wird. Neben verschiedenen Schwarz-Weiß-Bildern der Sängerin selbst, die mal recht ernst, dann aber wieder eher hübsch und nachdenklich daher kommen, ist natürlich auch jeder Text zum Nachlesen abgedruckt. Und diese Lyrik stellt wohl die größte Veränderung dar, denn uns erwartet weder ausufernder Blödsinn, noch über-depressive Trauerreden. Clara singt über ihre persönlichen Erfahrungen, über ihr Leben. Im Positiven wie auch im Negativen, hier geben echte Emotionen den Ton an. Sicherlich auch gelegentlich mit einem frechen Augenzwinkern, doch garantiert immer offen und ehrlich. Es geht sich wie so oft um das Leben und die Liebe, jedoch gelingt es hier gekonnt, dabei niemals in den Kitsch abzurutschen. Claras Stimme verleiht dem Ganzen dabei einen aufrichtigen und eigenen Touch. Sie ist sicher nicht die beste Sängerin der Welt (wer ist das schon?), nur muss man ihr einfach gebannt lauschen, so sehr hängt sie sich rein. Und der ein oder andere Gänsehaut-Moment ist durchaus dabei - interessant und lebendig ist ihre Stimme nämlich auf jeden Fall!

Soundtechnisch wird dem Hörer ebenfall sehr lebendige Kost geboten. Zwar spielen die klassischen Dance-Elemente immer noch eine wichtige und nicht wegzudenkende Hauptrolle, da macht auch Claras Debut keine Ausnahme, aber es fällt schon auf, dass man hier viel wert auf ein eher ungewohntes und neues Pop-Gewand gelegt hat. Es kracht und wummert nicht mehr ganz so oft, es ist nicht mehr ganz so laut und flippig. Eher bekommt man Ohrwum-züchtende Melodien und eingängige Rhytmen geliefert. Tatsächlich existieren sogar einige Chanson-ähnliche Momente, vor allem, wenn gerade das Piano dominiert. Nicht selten gibt’s auch die ein- oder andere Gitarrenpassage zu hören. Besonders im Song „Abschied der Liebe“ ist das nahezu perfekt gelungen. Genrell ist dieser Track einer der Höhepunkte des Albums.

In jedem Fall hat man nach den 13 Songs (inklusive einer alternativen Klassik-Version von „Photoalbum“) irgendwie das Gefühl, eine lange und gefühlsträchtige Reise hinter sich zu haben, auf die man gerne noch öfters zusammen mit Clara gehen möchte. Und wieso auch nicht, denn „Hoffnung unterm Fingernagel“ ist einfach eine sehr einladende, lebensfreudige und hoffnungsvolle CD, aus der sicher jeder von uns etwas gewinnen kann, und sei es nur ein Aha!-Erlebnis der Marke „Das Gefühl kenne ich auch“...

Für Fans von:
Sentementol
Die depressiven Metzger

Acting Lovers
...und gut gemachter Pop-Musik :-)

+ Interessante Symbiose aus Pop und Dance
+ Sehr persönliche und eingehende Texte
+ Schön gestaltetes Foto-Booklet
- Clara’s Stimme bleibt nicht immer konstant auf gleichem Level